Erbrecht für Private

_________

 

Der Erbe/der Enterbte

 

Beim Tod eines Familienmitgliedes werden eine Vielzahl von psychischen und rechtlichen Mechanismen in Gang gesetzt, die zum Teil unter Zeitdruck gelöst und in den Griff zu bekommen sind. Der Tod eines nahen Angehörigen belastet das gesamte Familiengefüge und schafft eine Lücke, die sich erst langsam wider schließt. In dieser Zeit treten Spannungen auf, es müssen neue Zuständigkeiten geschaffen werden. Alte Wunden bzw. Rivalitäten treten wieder zu Tage und müssen entweder geheilt oder zumindest vorübergehende Lösungen gefunden werden.

 

 

 

 Neben diesen massiven Belastungen mutet auch das Gesetz den Betroffenen Entscheidung unter Zeitdruck zu. Dies deshalb, weil der Gesetzgeber erreichen will, dass die Erbmasse nicht lange ohne einen festen Besitzer bleibt.

 

 

 

Dies führt dazu, dass sich der Erbe innerhalb von sechs Wochen entscheiden muss, ob er das Erbe annimmt oder ausschlägt. Diese Frist ist oft zu kurz, um nach der Schocksituation über das Ableben sich einen gezielten Überblick über die wirtschaftliche Gesamtsituation der Erbmasse zu machen. Wenn man hier falsch reagiert oder auf der falschen Tatsachenbasis oder zu wenigen belastbaren Fakten entscheidet, kann dies im Extremfall auch zu Schäden am eigenen Vermögen führen. Hier ist oft sehr schnell Beratungsbedarf erforderlich, um die richtigen Weichen zu stellen.

 

 

 

Zu unterscheiden sind zwei Grundkonstellationen:

 

 

Diejenigen, die durch den Erbfall zu Erben geworden sind

 

und

 

diejenigen, die von der Erbfolge ausgeschlossen wurden.

 

 

 

Die Erbenstellung

 

 

Für den Erben stellen sich insbesondere folgende Fragen:

 

 

  • Nehme ich das Erbe an?
  • Brauche ich wirklich einen Erbschein?
  • Was mache ich mit einem Testament?
  • Wie reagiere ich auf Anschreiben des Nachlassgerichts, welche Angaben muss ich machen?
  • Wie ermittle ich meinen Erbanteil, wenn mehrere Erben geworden sind?
  • Kann ich neben der Erbeinsetzung ggfls. mit Belastungen meinen Pflichtteil geltend machen?

 

 

Das ist nur eine kleine Auswahl von Fragen, die sich im Zusammenhang mit einer Erbeinsetzung stellen.

 

Zu beachten ist, dass die Erbeinsetzung zwar in der Regel zu einem Vermögensvorteil führt. Es ist aber dennoch zu prüfen, ob die Erbeinsetzung in der jeweiligen Konstellation tatsächlich dem gesetzlichen Mindestanspruch entspricht. Dies insbesondere dann, wenn die Erben nach dem Erblasserwillen noch Auflagen zu erfüllen haben, die die Erbmasse wesentlich wirtschaftlich schmälert.

 

Völlig andere Fragen stellen sich, wenn Minderjährige erben.

 

Was darf ich, wenn ich als Vorerbe eingesetzt wurde? Was, wenn ich als Nacherbe eingesetzt wurde.

 

Wie läuft das Verfahren, wenn mehrere Erben werden, reicht ein Mehrheitsbeschluss oder müssen alle zustimmen?

 

Wie kann ich am schnellsten eine Erbengemeinschaft auflösen, was passiert, wenn sich die Erben nicht einig sind?

 

Auch dies ist nur eine kleine Auswahl von Themenbereichen, die im Erbfall von Bedeutung sein können.

 

 

 

Der Enterbte

 

 

Wenn eine Enterbung vorliegt, stellen sich ganz andere Fragen:

  • Welche Ansprüche stehen mir zu?
  • Wie komme ich an die Informationen, um meinen Pflichtteil berechnen und dann fordern zu können?
  • Was ist in die Erbmasse mit einzurechnen, auch wenn sich Schenkungen nicht mehr in der Erbmasse befinden?
  • Wurde die Erbmasse in der Vergangenheit durch Schenkungen geschmälert? Kann ich dagegen vorgehen und meinen Anspruch erhöhen?

 

 

Der Pflichtteilsberechtigte hat nicht nur einen Anspruch gegen die Erben auf Auszahlung des Pflichtteils, sondern die Erbmasse, aus der sich der Pflichtteil berechnet ist unter Umständen durch erfolgte Schenkungen und sonstige Leistungen in der Vergangenheit fiktiv zu erhöhen, wodurch sich auch der Pflichtteilsanspruch gegen den oder die Erben erhöht. Im Extremfall kann auch eine Schenkung zurückgefordert werden, wenn die Erben eine Auszahlung zu Recht verweigern dürfen.

 

 

Es sind Fristen zu beachten.

 

 

Der sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch stellt ein interessantes Mittel dar, um den Pflichtteil zu erhöhen.

 

 

In Vorbereitung dieses Anspruchs ist es erforderlich, die richtigen Fragen an die Erben zu stellen. Diese sind in bestimmten Bereichen zur Auskunft verpflichtet, können aber auch bestimmte Auskünfte verweigern. Daher sind die richtigen Fragen zu stellen.

 

 

 

Das Testament

 

 

Ein Testament, sei es durch einen Notar oder privat errichtet, wirft oft Fragen auf, die nur durch Auslegung zu ermitteln sind. Der Inhalt ist genau zu analysieren. Anders, wie im übrigen Zivilrecht, insbesondere im Vertragsrecht, ist nicht auf den Empfängerhorizont bei der Beurteilung des Aussageinhalts Bezug zu nehmen, sondern es ist der tatsächliche Wille des Erblasser zu ergründen. Hierzu können bestimmte Umstände auch außerhalb der Urkunde herangezogen werden.

 

 

Dies bedeutet daher nicht, dass ein Testament nur auf eine Art und Weise gelesen werden kann. Daraus ergeben sich unter Umständen mehrere Handlungsoptionen.

 

 

Das Erbrecht in Deutschland ist derart vielfältig, dass sich eine Prüfung von Testamenten in vielen Fällen lohnt, sowohl für die Begünstigen, um ihre Ansprüche abzusichern, als auch für Ausgeschlossene, um zu prüfen, ob nicht doch Ansprüche bestehen, auch wenn dies zunächst nicht so aussieht.