Aktuelles vom 12.02.2015
sonstige Rechtsgebiete
Haftungsrisiken beim Mindestlohn (MiLoG)
Sehr geehrte Mandanten,
wie Sie sicherlich schon wissen, nachdem dieses Thema in der Presse sehr intensiv diskutiert wurde, ist ab 01.01.2015 das Mindestlohngesetz (MiLoG) in Kraft getreten. Ich gehe davon aus, dass Sie bereits über die Medien und Ihre Berater weitgehend über das Verfahren informiert worden sind. Sollte hier noch Informationsbedarf bestehen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich möchte an dieser Stelle jedoch einen Aspekt herausgreifen und Ihre Aufmerksamkeit hierauf lenken.
In § 13 MiLoG (Mindestlohngesetz) ist geregelt, dass die Haftung des Auftraggebers nach § 14 AEntG (Arbeitnehmer Entsendegesetz) analog geregelt ist. In § 14 des AEntG ist eine weitgehende Haftung von Auftraggebern geregelt, die Auftragnehmer im weitesten Sinne über Werk- und Dienstleistungsverträge beauftragen.
Wer ist Auftraggeber?
Als Auftraggeber gelten Sie bereits dann, wenn Sie andere Firmen mit Arbeiten beauftragen. Dies trifft typischerweise bei der Konstellation von sogenannten Subunternehmerverträgen zu, gilt jedoch aufgrund einer fehlenden Konkretisierung des Gesetzes auch für normale Auftragsverhältnisse. Es ist daher davon auszugehen, dass jeder Unternehmer der nachstehenden Haftung unterliegt, der durch den Auftrag keinen Eigenbedarf bedient.
Typischer Anwendungsfall ist hiernach der Unternehmer, der Teile der Leistungen, die er nicht selbst für seinen Auftraggeber erbringt, an sogenannte Subunternehmer beauftragt. Hierbei kann es sich auch um reine Nebenleistungen im weitesten Sinne, wie Gerüstbauarbeiten, Baureinigung etc., sowie Leistungen handeln, die Sie im Rahmen Ihres Gewerbebetriebs nicht selbst erbringen können. Für Leistungen, die Sie von diesen Subunternehmern in Anspruch nehmen, besteht eine Haftung für den Fall, dass ihr Subunternehmer den Mindestlohn nicht bzw. nicht rechtzeitig bezahlt. Hierbei besteht Ihre Verpflichtung darin, den betroffenen Mitarbeitern den Mindestlohn auf Nettolohnbasis zu zahlen. Darüber hinaus besteht in der Regel dann auch die Verpflichtung, ein Bußgeld zu bezahlen. Die Bußgeldverpflichtung besteht für den Fall, dass Sie als Auftraggeber einen Nachunternehmer einsetzen, bei dem Sie wissen oder fahrlässig nicht wissen, dass dieser Pflichten im Zusammenhang mit dem Mindestlohngesetz nicht erfüllt.
Auftraggeber ist damit jeder Unternehmer, der keinen Eigenbedarf befriedigt, sondern den Vorteil des Einsatzes seiner Auftragnehmer für die eigene wirtschaftliche Tätigkeit nutzt.
Was bedeutet die Nichtzahlung des Mindestlohns?
Nicht nur der Umstand, dass der Mindestlohn nicht bezahlt wird, führt zu der vorgenannten Haftung, sondern auch die nicht rechtzeitige Zahlung des Mindestlohns führt zu einer Haftung. Nach § 2 MiLoG muss der Mindestlohn zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit, spätestens jedoch am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleitung erbracht wurde, gezahlt werden. Dies bedeutet, dass spätestens zum Ende des nächsten Monats, nachdem die Arbeitsleitung erbracht wurde, der Lohn vollständig bezahlt sein muss. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass ein sogenanntes Arbeitszeitkonto besteht. Hier ist eine Ausgleichsverpflichtung innerhalb von 12 Kalendermonaten zu erfüllen.
Zu beachten ist noch, dass aufgrund der Regelung in § 1 Abs. 3 MiLoG ein höherer Branchenmindestlohn (z. B. Bauhauptgewerbe, Dachdeckerhandwerk, Elektrohandwerk, Gebäudereinigung und Gerüstbauhandwerk, Maler und Lackierer) Vorrang hat und dieser dann zu berücksichtigten ist.
Der Mindestlohn ist vollständig und spätestens einen Monat nach Erbringung der Leistung zu zahlen.
Branchenmindestlohn beachten!
Wie schütze ich mich vor der Haftung nach § 13 MiLoG?
Die Haftung greift ein, wenn beim Subunternehmer bzw. der beauftragten Firma Verstöße gegen das MiLoG bzw. AEntG festgestellt werden und Ihnen diese Verstöße bekannt sind bzw. fahrlässig unbekannt sind. Um die fahrlässige Unkenntnis zu vermeiden, müssen Sie bestimmte Informationen von Ihrem Vertragspartner verlangen. Um hier keine Schwierigkeiten hinsichtlich der erforderlichen Informationen zu riskieren, sollten entsprechende Auskunftsverpflichtungen bereits in die Verträge mit aufgenommen werden.
Zu beachten ist weiter, dass Sie diese Haftung als Auftraggeber auch für sogenannte Sub-Subunternehmer trifft. Sollte daher Ihr Auftragnehmer einen Teil bzw. die Gesamtleistung an einen weiteren Unternehmer unterbeauftragen und dieser Sub-Subunternehmer seine Mitarbeiter nicht nach Mindestlohn bzw. dem Branchenmindestlohn bezahlen, kann dies ebenfalls zu einer Haftung Ihrerseits führen. Auch dies wäre im Rahmen der Regelung der vertraglichen Beziehungen mit dem Subunternehmer entsprechend zu klären.
Fahrlässige Unkenntnis reicht für Haftung!
Informationspflichten einhalten und dokumentieren!
Was wird in den Mindestlohn eingerechnet?
Es ist davon auszugehen, dass in die Arbeitszeit jede Zeitspanne fällt, während der der Arbeitnehmer dem Arbeitsgeber zur Verfügung steht, seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Ausreichend danach dürfte sein, dass sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Ort aufhält und diesem zur Verfügung steht. Hiernach dürfte nicht entscheidend sein, ob der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber tatsächlich für eine konkrete Aufgabe herangezogen wird.
Es sollten im eigenen Betrieb daher die üblichen Verfahrensweisen kritisch überprüft werden, welche Zeiten als Arbeitszeiten entlohnt werden und welche nicht. Ansonsten besteht die Gefahr, dass bestimmte Zeiten, die üblicherweise nicht vergütet werden, in die Mindestlohnberechnung einbezogen werden und zur Folge hat, dass ein an sich über dem Mindestlohn liegender Lohn plötzlich bei Berücksichtigung aller Zeiten unter den Mindestlohn fällt. Diese Gefahr besteht selbstverständlich auch bei der Berechnung des Mindestlohns bei Auftragnehmern bzw. Subunternehmern und ist entsprechend zu berücksichtigen. Zu beachten ist auch, dass bestimmte Lohnbestandteile nicht auf den Mindestlohn anzurechnen sind. Bestimmte besondere Leistungen dürfen auf den Mindestlohn nicht angerechnet werden, mit der Folge, dass diese besonderen Leistungen bei der Berechnung des Mindestlohns nicht berücksichtigt werden dürfen (z. B. Überstundenzuschlag, Überstundenentgelt, Erschwerniszulagen, Kleider- bzw. Reinigungsgeld etc.).
Bestandteile des Lohns und die Arbeitszeiten genau prüfen!
Warum hat diese Regelung unter Umständen für jeden Unternehmer eine große Tragweite?
Auch wenn grundsätzlich nur bei massiven systematischen Verstößen insbesondere der Zoll diesem Vergehen nachgehen wird, hat diese Regelung eine weitere praktische Bedeutung, die nicht zu unterschätzen ist. Im Insolvenzfall übernimmt die Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld für die Arbeitnehmer. Insoweit werden für den Fall, dass die Bundesagentur Ausfallgeld übernimmt, die Ansprüche an die Bundesagentur abgetreten und gegebenenfalls Unternehmer in der Haftungskette in Anspruch genommen. Im Insolvenzfall besteht jedoch auch die Gefahr, dass sich der betroffene Arbeitnehmer direkt an die beauftragenden Firmen wendet. Daher besteht auch die konkrete Gefahr, dass für den Fall, dass eine insolvente Firma länger keinen Lohn mehr gezahlt hat, dies im Insolvenzfall zu einer direkten Haftung der beauftragenden Firmen führt. Hier ist daher auch mit einer Haftungsinanspruchnahme zu rechnen, wenn an sich der Zoll hier keine Ermittlungen anstellt. Bereits unter diesem Gesichtspunkt sind daher die Regeln sehr ernst zu nehmen und entsprechende Sicherungsmaßnahmen einzuleiten.
Im Insolvenzfall der Auftragnehmer unter Umständen massive Haftungsauswirkungen!
Sollten Sie mit Verträgen der vorbeschriebenen Art arbeiten, stehe ich Ihnen zur Erarbeitung einer individuellen Lösung gerne zur Verfügung.
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